Charta von Scientists for Future

Selbstverständnis

Scientists for Future (S4F, auch Scientists4Future) ist ein überinstitutioneller, überparteilicher und interdisziplinärer Zusammenschluss von Wissenschaftler*innen, die sich für eine nachhaltige Zukunft engagieren. 

Scientists for Future reagiert auf die historisch beispiellose Klima-, Biodiversitäts- und Nachhaltigkeitskrise, welche die Menschheit vor globale Herausforderungen stellt. Die notwendigen Wandlungsprozesse erfordern entschlossenes und unverzügliches Handeln auf der politischen, wirtschaftlichen und technischen, sozialen und kulturellen, wissenschaftlichen sowie der privaten Ebene. Denn die Zeit drängt. Als Wissenschaftler*innen sehen wir uns deshalb in der Pflicht, öffentlich und proaktiv die Stimme zu erheben. 

Die Initiative versteht sich als Stimme1 der Wissenschaft, die zu sachlichen politischen Diskussionen beiträgt und als Brückenbauerin Dialoge fördert und Einsichten ermöglicht. Hierzu führt sie Fähigkeiten, Wissen und Erfahrungen von Wissenschaftler*innen aus verschiedensten Disziplinen zusammen. Trotz der im Englischen einschränkenden Bezeichnung ‘Scientist’ (die nicht alle Wissenschaften einschließt) sind ausdrücklich Wissenschaftler*innen aller Disziplinen einbezogen, wie wir es auch in der Reflexion zu unserer Stellungnahme (GAIA) beschrieben haben: 

„Wir halten es für essentiell, eine Allianz zu bilden, die weit über die Spezialist*innen der Klima- und Biodiversitätsforschung, der Nachhaltigkeits-, Sozial- und Ingenieurwissenschaften hinausgeht. Wir werden keine nachhaltige Zukunft erreichen, ohne dass wir beispielsweise Fragen politischer Partizipation, Bildung, Geschlechtergerechtigkeit und sozialer Gerechtigkeit (einschließlich Klimagerechtigkeit) einbeziehen. Um die geschichtlich beispiellosen Probleme der Menschheit zu lösen, benötigen wir die Fähigkeiten, Erfahrungen und Erkenntnisse aller Disziplinen.“ (Übersetzt aus dem Englischen)

Neben dem oben zitierten Abschnitt dienen auch die anderen Teile der gemeinsam verfassten Stellungnahme und ergänzenden Reflektionen in GAIA (beginnend mit „In the increasingly complex…“) als Grundkonsens unseres gemeinsamen Handelns.

1 Ergänzende Anmerkung 2022-06 (Abstimmung im deutschen Koordinationsteam): „Stimme der Wissenschaft“ ist nicht als „die“ Stimme der Wissenschaft zu interpretieren; siehe auch englisch: “a voice”.

Was wir tun

Wissenschaftler*innen, die sich bei Scientists for Future engagieren, beraten Gruppen und Einzelpersonen von Fridays for Future und anderen Bewegungen für eine nachhaltige Zukunft und betreiben proaktive Wissenschaftskommunikation. Beispiele sind Informationsveranstaltungen in Schulen, Hochschulen, bei Wirtschaftsunternehmen oder im öffentlichen Raum, Aktivitäten in klassischen und digitalen Medien sowie die Teilnahme an Podiumsdiskussionen oder anderen Veranstaltungen.

Dabei bringen Scientists for Future den aktuellen Stand der Wissenschaft in wissenschaftlich fundierter und verständlicher Form aktiv in die gesellschaftliche Debatte um Nachhaltigkeit und Zukunftssicherung ein. Damit unterstützen sie die politische Willensbildung und tragen dazu bei, die Zukunftsorientierung politischer Entscheidungen zu verbessern. 

Sie bewerten aktuelle Entwicklungen auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse. Sie beleuchten Zusammenhänge, mögliche Zielkonflikte, und unterschiedliche Interpretationsmöglichkeiten von Studienergebnissen. Sie treten Falschbehauptungen entschieden entgegen – insbesondere dann, wenn diese dazu genutzt werden, um Schritte zu Nachhaltigkeit oder Klimaschutz zu diskreditieren.

Scientists for Future erarbeiten, benennen, erläutern und bewerten Handlungsnotwendigkeiten und Handlungsoptionen zur Erreichung der Klima-, Umweltschutz- und Nachhaltigkeitsziele. Sie erheben ihre Stimme, wenn vorgeschlagene Handlungsoptionen auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse unvernünftig oder kontraproduktiv erscheinen und machen auf ethische Aspekte und Konsequenzen von Handlungsoptionen aufmerksam.

Scientists for Future achten darauf, überparteilich zu bleiben und bilden keine politische Interessens- oder Kampagnengruppierung. Sie vermeiden aggressive Kampagnensprache und stellen nach bestem Wissen und Gewissen sicher, dass ihre Aussagen oder Aktionen entweder durch wissenschaftliche Studien gestützt oder als persönliche Meinung kenntlich sind. Sie stellen im Namen von Scientists for Future keine spezifischen Forderungskataloge oder politischen Programme auf – können solche aber einer wissenschaftlichen Bewertung hinsichtlich ihrer Auswirkungen unterziehen.

Soweit möglich, teilen sie ihre Erkenntnisse zur Weiterverwendung unter offenen Lizenzen. Sie vernetzen und engagieren sich interdisziplinär und international.

Wie wir arbeiten

S4F ist eine dezentrale, sich selbst organisierende Basisbewegung („Graswurzel-Bewegung“). Sie ist in Deutschland, Österreich und der Schweiz etabliert und vernetzt sich mit entsprechenden Initiativen in weiteren Ländern. 

Die Zusammenarbeit erfolgt in folgenden Teams:

Die Mitarbeit bei S4F steht allen ausgebildeten Wissenschaftler*innen offen, die sich zu dieser Charta von S4F und den Zielen der ursprünglichen S4F-Stellungnahme bekennen. Voraussetzungen sind akademische Titel (Dr., Prof. usw.) oder ein höherer Hochschulabschluss (Master, Diplom etc.) bzw. fachliche Beiträge als (Ko-)Autor*in in einer wissenschaftlichen Publikation. Die Teilnahmebekundung an S4F erfolgte in der ersten Gründungsphase bis zum 22. März 2019 durch Unterschrift auf der S4F-Stellungnahme (Liste inzwischen geschlossen). Inzwischen geschieht die Teilnahme durch Anerkennung dieser Charta sowie Mitarbeit in einem thematischen Projekt oder durch Aufnahme in eine Regional-/Ortsgruppe. Interessierte Studierende und andere Personen, die keine ausgebildeten Wissenschaftler*innen im Sinne der obigen Anforderung sind, können gegebenenfalls mit dem Status “Unterstützer*in” in Regional-/Ortsgruppen aufgenommen werden. 

Für die Zusammenarbeit, Nutzung von Namen und Logo, Aktionsformen, Veröffentlichung und Kommunikation stehen Informationen auf internen Seiten zur Verfügung. Insbesondere werden Namen (“Scientists for Future”, “Scientists4Future” oder “S4F”) und Logos der Initiative nicht im Rahmen von Werbung für wirtschaftliche und parteipolitische Tätigkeiten verwendet.

Wissenschaftler*innen und Unterstützer*innen, die sich bei Scientists for Future engagieren, nehmen ihre Verantwortung ernst, mit allen Kräften zu einer guten Zukunft für die heutigen und kommenden Generationen beizutragen. Konflikte zwischen wissenschaftlicher Neutralität und politischer Einflussnahme sind dabei nicht zu vermeiden. Soweit Forderungen und gewaltfreie Aktionen im Sinne dieser Charta und unserer Stellungnahme von März 2019 sind, unterstützen wir diese und werden über sie aktiv informieren und sie bewerben. Die Verwendung unserer Logos und Banner bei solchen Veranstaltungen ist im Sinne von Scientists for Future. Dies bedeutet nicht, dass Scientists for Future als Initiative uneingeschränkt alle Forderungen einer Aktion unterstützt, sondern dass die Teilnehmer*innen bei Scientists for Future aktiv sind und persönlich diese Aktion unterstützen.

Das Wichtigste ist:

Wir forschen, handeln und wir ändern etwas! 

(© Scientists for Future 2019, CC BY-SA 4.0; die Charta wurde in einer Abstimmung im Zeitraum vom 8-15.9.2019 mit großer Mehrheit beschlossen)